Experten der Heinz Sielmann Stiftung haben auf einer Biotopfläche in Lindberg in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nationalpark Bayerischer Wald einen spannenden Fund gemacht. Dr. Jörg Müller, zuständig für das ökologische Monitoring der Heinz Sielmann Stiftung, und der Kreuzotterexperte des Bayerischen Waldes Paul Hien sichteten auf einer trockenen Wiese gleich sieben sich sonnende Kreuzottermännchen (Vipera berus).
Gemeinsam mit Bernhard Gohlke, dem Leiter von Sielmanns Biotopverbund Nordost-Bayern, fingen sie kurzzeitig einige der Exemplare ein, um sie genauer zu untersuchen. Hien nahm die Daten auf: Länge, Gewicht, Farbe, Schuppenzahl am Schwanz und Temperatur. Besonders aufregend: Geschützt durch dicke Handschuhe manövrierte der Experte dünne Wattestäbchen an den Zähnen der Giftschlangen vorbei in den Rachen. Er entnahm Speichelproben für Gen-Tests und ließ die Schlangen unmittelbar danach wieder frei.
Die Auswertung der Daten wird zeigen, ob es sich im Gebiet des Bayerischen Waldes um eine große zusammenhängende oder mehrere kleinere Populationen handelt. „Eine Population wird darüber definiert, ob sich die Tiere untereinander paaren. Das ist sehr wichtig zu wissen, denn nur, wenn wir die Ökologie der Kreuzottern wirklich verstehen, können wir sie wirksam schützen“, erklärt Hien. Sollten die Gen-Tests ergeben, dass es sich um eine zusammenhängende Population handelt, dann ist sie laut dem Experten die größte bekannte Kreuzotter-Population Mitteleuropas.
Forschungsprojekt im Bayerischen Wald
Paul Hien wurde vom Nationalpark Bayerischer Wald damit beauftragt, herauszufinden, wie es um die Kreuzottern in dem Schutzgebiet steht. Seit 2020 haben Hien und Mitarbeitende des Nationalparks rund 180 Proben genommen. Nun wartet das Team gespannt auf die genetischen Auswertungen.
Natürlich sind auch die umliegenden Flächen interessant. Der an den Nationalpark angrenzende Naturpark in Niederbayern wird überwiegend extensiv bewirtschaftet. Viele regionale Organisationen wie der Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben dort bereits Flächen gekauft und ökologisch aufgewertet. Auch die Heinz Sielmann Stiftung hat mit Unterstützung der höheren Naturschutzbehörde Niederbayerns erste Grundstücke dort erworben, um sie langfristig für den Naturschutz zu sichern. „Bei der Fläche in Lindberg hat die Behörde den richtigen Riecher bewiesen“, stellt der Leiter von Sielmanns Biotopverbund Nordost-Bayern Bernhard Gohlke fest, erstaunt über den Kreuzottern-Fund.
Geplante Maßnahmen zum Schutz der Kreuzotter
Das etwa drei Hektar große Grundstück wird nun renaturiert und gepflegt. Es wird ein Winterquartier für Schlangen aus Wurzelstöcken, Totholz und Steinen gebaut. „Schon auf kleinen Flächen wie dieser können sehr effiziente Maßnahmen getroffen werden“, erklärt Gohlke. Diese kleinen Trittsteine müssen über die Flächengrenzen hinaus geplant werden, nur dann machen sie Sinn. „Zusammen mit den vielen Partnern vor Ort können wir wirklich etwas bewirken“, zeigt sich Gohlke zuversichtlich.
Weitere Hintergrundinformationen zur Kreuzotter finden Sie im Interview mit dem Schlangenexperten Paul Hien auf unserer Webseite.