Frau Holland, in Ihren Seminaren geben Sie Ihre Leidenschaft für essbare Wildpflanzen weiter. Wie sind Sie selbst dazu gekommen?
Anja Holland: „Ich bin in der Landwirtschaft groß geworden und habe als Kind gerne am Feldrand Blumen gepflückt. Meine Mutter kannte sich gut aus und erklärte mir, wie die Pflanzen heißen. Mit der Verwertung der Pflanzen habe ich mich allerdings erst später auseinandergesetzt, besonders, als ich schwer krank wurde und nach unterstützenden natürlichen Heilmitteln gesucht habe.“
Haben Ihnen die Wildkräuter beim Heilungsprozess geholfen?
Anja Holland: „Auf jeden Fall! Therapiebegleitend habe ich sehr viele selbst gesammelte Pflanzen zu mir genommen und ich bin überzeugt, dass ich dadurch die Nebenwirkungen der Medikamente stark eindämmen konnte und mein Immunsystem gestärkt habe. Wildpflanzen sind voller Vitamine und Nährstoffe und unseren Kulturpflanzen in dieser Hinsicht weit überlegen. Sie schenken unserem Körper vieles, was er braucht und sie wachsen fast überall.“
Sie sind also kostenlos und frei verfügbar. Warum nutzen wir sie nicht stärker?
Anja Holland: „Leider ist das Wissen um die Wildpflanzen in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. Ich glaube, in der Nachkriegszeit, als die Menschen mehr auf wildwachsende Pflanzen für die Ernährung zurückgreifen mussten, hat sich eine negative Assoziation dazu entwickelt. Das Wissen wurde nicht mehr so bereitwillig weitergegeben. Sicherlich spielt auch mit hinein, dass viele Menschen den Bezug zur Natur zunehmend verloren haben.“
Für diejenigen, die heute gerne einsteigen möchten: Was kann man jetzt im Herbst überhaupt noch sammeln?
Anja Holland: „Die Sammelsaison geht noch etwa bis Mitte September. Danach, so sagen wir Sammler, überlassen wir die Pflanzen der Natur. Im Herbst sind es vor allem die Früchte und Samen, die wir sammeln und konservieren. Die Samen wie zum Beispiel von der Brennnessel oder dem Breitwegerich eignen sich super, um einen Vorrat anzulegen und auch im Winter bestens mit Nährstoffen versorgt zu sein. Ich esse sie gern mit meinem Müsli. Auch Früchte können wir trocknen und zum Beispiel zu Tee verarbeiten, wie die Hagebutte, eine wahre Vitaminbombe.“
Wo kann ich diese Pflanzen sammeln und worauf muss ich achten?
Anja Holland: „Generell wachsen sie überall, auch am Straßenrand. Wichtig ist es, keine Pflanzen direkt an einer vielbefahrenen Straße zu sammeln, auch sollte es nicht die klassische Hundegassi-Route sein. Kot, Urin und natürlich Abgase verunreinigen die Pflanzen und wir wollen diese Stoffe nicht in unserem Körper haben. Pflanzen, die neben einem konventionell bewirtschafteten Feld wachsen, sind auch mit Vorsicht zu genießen wegen der chemischen Düngemittel und Pestizide.“
Wie sieht es in Naturschutzgebieten aus?
Anja Holland: „Im Naturschutzgebiet ist das Sammeln streng verboten. Außerhalb von Schutzgebieten sollte es selbstverständlich sein, dass wir achtsam mit den Pflanzen umgehen. Das heißt: Immer nur so viel pflücken, wie wir gerade brauchen oder verarbeiten können und genügend Bestände stehen lassen, damit unsere begehrte Wildpflanze auch im nächsten Jahr wieder wachsen kann.“
Bestimmte Pflanzen können mit giftigen Arten verwechselt werden. Wie können Anfänger das vermeiden?
Anja Holland: „Im Zweifelsfall natürlich auf keinen Fall essen. Es gibt heutzutage viele Pflanzenbestimmungs-Apps wie zum Beispiel Flora Incognita oder Obsidentity, auf die man sich allerdings nicht zu einhundert Prozent verlassen sollte. In Seminaren lernt man die Arten gut kennen. Es gibt aber auch sehr gute Literatur, wie etwa die „Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen“ (AT Verlag 2023, 14. Auflage, ISBN: 978-3-03800-752-4), die bei der sicheren Pflanzenbestimmung helfen. Dort wird oft auf Verwechslungsmöglichkeiten hingewiesen und auf Merkmale, die besonders zu beachten sind. Auch wenn man sich sicher ist, eine Art richtig bestimmt zu haben, ist es ratsam, erst einmal kleine Mengen zu probieren, denn jeder Körper reagiert anders auf die Inhaltsstoffe.“
In Ihren Seminaren kann man viel Neues ausprobieren. Was möchten Sie den Teilnehmenden vor allem mitgeben?
Anja Holland: „Ich möchte den Menschen das Bewusstsein vermitteln, wie wertvoll das Wissen um unsere Wildpflanzen ist, für unsere Gesundheit, aber auch für die Gesellschaft. Mein Ziel ist es, dass jeden Tag etwas Wildes auf dem Teller landet. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle sehr viel gesünder wären, wenn wir das beherzigen würden. Außerdem können wir als Konsumenten aktiv Natur- und Klimaschutz betreiben, indem wir vor unserer Haustüre frische und regionale Nahrungsmittel sammeln.“
Hier geht es zur Anmeldung für das Wildkräuter-Seminar mit Anja Holland am 5. September auf Gut Herbigshagen. Für ein kostenfreies Webinar am 1. Oktober mit Anja Holland können Sie sich ab sofort per E-Mail an webinar@sielmann-stiftung.de vorab registrieren. Zeitnah zum Termin erhalten Sie alle weiteren Anmeldeinfos.