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Klimaverlierer und Klimagewinner – frühe Zugvogelrückkehr ist ein Signal für weit reichende Veränderungen in der Vogelwelt

Viele Millionen Zugvögel werden in den nächsten Wochen Deutschland überqueren oder hierher zurückkehren – kleinere Kranichschwärme am Himmel sind nur die ersten Vorboten des gewaltigen Vogelzugs. Wegen der regelmäßig milden Winter kommen die Vögel gut vier Wochen früher zurück als noch vor Jahren. Auch die Überwinterung im heimischen Brutgebiet wird für viele Arten eine zunehmend lockende Alternative: aus Zugvögeln werden Standvögel.

27.02.2008, Duderstadt. "Wir sehen eine beachtliche Verschiebung des Zugverhaltens quer durch alle Arten und auf ganzer Breite", sagt Prof. Peter Berthold, Ornithologe und Stiftungsrat der Heinz Sielmann Stiftung. "Langstreckenzieher wie die Mehlschwalbe werden zu Kurzstreckenziehern und überwintern nicht mehr ausschließlich südlich der Sahara, sondern nun auch schon in Spanien und Portugal. Und Kurzstreckenzieher werden zu Standvögeln. Mönchsgrasmücken überwintern nicht nur zunehmend auf den Britischen Inseln, sondern auch vom Kaiserstuhl bis zur Ostsee".

Geht ein Teil einer Population auf Wanderschaft, während ein anderer im Lande bleibt, kann dies der gesamten Art nützen. Je nachdem, wie sich die Witterungs- und Nahrungsbedingungen in den verschiedenen Überwinterungsgebieten entwickeln, können mal die einen, mal die anderen Teile der Population bessere Lebensbedingungen haben – damit von Vorteil für den gesamten Genpool einer Art, zunehmend aber für die Individuen mit Standvogelverhalten.

Immer mehr Vogelarten profitieren von den insgesamt wärmeren Temperaturen. "Nicht nur der ursprünglich in Südeuropa beheimatete Bienenfresser ist ein Neubürger, auch der Alpensegler hat seinen Siedlungsraum aus der Schweiz schon bis in den Raum Heidelberg nach Norden ausgeweitet", ergänzt Berthold. Umgekehrt ändern auch gefiederte Gäste aus dem Norden ihr Zugverhalten und überwintern zunehmend in unseren Breiten wie beispielsweise Graugans, Kormoran und Kranich.

Für andere Vögel, insbesondere für die Trans-Sahara-Zieher wie den Kuckuck kann der Klimawandel allerdings zur Todesfalle werden. Die Wüstenausdehnung verlängert die Zugwege für die Vögel. "Die Ursachen für den festzustellenden Rückgang des Kuckucks sind aber auch ganz klar hierzulande festzumachen", sagt Uli Simmat, Projektmitarbeiter der Heinz Sielmann Stiftung auf Gut Herbigshagen in Niedersachsen: "Die heutige intensive Landnutzung schmälert sowohl die Nahrungsgrundlage des Kuckucks als auch das Vorkommen seiner Wirtsvogelarten, in deren Nester der Kuckuck seine Eier legt". Untersuchungen von Insektenforschern zufolge sind Schmetterlingspopulationen in Deutschland, deren Raupen der heimische Kuckuck vor allem verzehrt, in den letzten Jahrzehnten um mehr als 50 % zurückgegangen. Da wird es schwierig für die Vögel, ausreichend Reserven für den weiten Flug anzufuttern.

Sollte es im März und April noch einmal richtig winterliche Frosttemperaturen geben, wird sich an den Grenzen Deutschlands ein besonderes Phänomen des Vogelzuges zeigen – das „Wetterpendeln“ – das schon der Stauferkaiser Friedrich II. beobachtete. Viele Vögel, die von Afrika und Südeuropa zurück nach Norden streben, könnten von einer oder mehreren Kältegrenzen gestoppt werden und noch einige Male vor- und zurückweichen, bis endgültig wärmere Temperaturen den Verbleib im Brutgebiet erlauben.

Dennoch bleibt die gigantische Vogelwanderung nahezu unsichtbar, da sie sich größtenteils nachts und zum Teil in großen Höhen vollzieht. Aber viele Tagzieher fallen natürlich auf: Schwärme von Ringeltauben und Saatkrähen sowie Rotmilane, die bald nach der Rückkehr ihre Balztriller vernehmen lassen. Kleine Vögel wie die Feldlerche zwitschern unversehens vom heiteren Märzhimmel. Auch typische Verhaltensformen wie die Duettflüge paarungswilliger Mauersegler werden vermutlich schon im April ins Auge fallen. Ab Mai sind dann die farbenprächtigen Bienenfresser, Rotrückenwürger oder die leuchtend gelben Pirole zu erwarten. In jedem Fall lohnt es sich ab jetzt wieder, die frühlingshafte Natur zu erwandern, ausgerüstet mit Bestimmungsbüchern für Zugvögel oder Tonträgern mit Vogelstimmen.

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