Bei der Wanderung wurde an das 20-jährige Bestehen des Europäischen Grünen Bandes erinnert sowie das 21-jährige Bestehen des WestÖstlichen Tores. Dieses Naturkunstwerk auf dem Kutschenberg bei Ecklingerode wurde 2002 in Anwesenheit von Michail Gorbatschow eingeweiht. Dabei übernahm Gorbatschow spontan die Schirmherrschaft für die Idee des Europäischen Grünen Bands.
Ferner war die Wanderung in diesem Jahr Teil der Veranstaltungsreihe „Grenzenlose Natour“ der Stiftung Naturschutz Thüringen (SNT), mit der über den Managementplan des Nationalen Naturmonuments Grünes Band Thüringen informiert wird.
Am Treffpunkt beim Grenzlandmuseum Eichsfeld begrüßten Horst Dornieden als Vorsitzender des Trägervereins und der Geschäftsführer der SNT, Denis Peisker, die Gäste. Dazu zählten unter anderem der langjährige Vorsitzende und jetzige Ehrenvorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Prof. Dr. Hubert Weiger.
Tiere im Schatten der Grenze
Von Grenzlandmuseum ging es mit dem Bus nach Gut Herbigshagen, dem Sitz der Heinz Sielmann Stiftung im Eichsfeld. Dort nahmen Dr. Fritz Brickwedde, Stiftungsratsvorsitzender der Heinz Sielmann Stiftung, Wolfgang Nolte, der stellvertretende Stiftungsratsvorsitzende, und Carolin Ruh als Vorständin, die Gruppe in Empfang. Hierbei erinnerten sie an Heinz Sielmanns Dokumentarfilm „Tiere im Schatten der Grenze“ und seine Bedeutung als Ausgangspunkt des Engagements der Stiftung am Grünen Band. Dr. Heiko Schumacher, Leiter des Geschäftsbereichs Biodiversität bei der Heinz Sielmann Stiftung, bezeichnete das Grüne Band in seiner Einführung als „Teil von deren DNS“.
Während der Wanderung entlang des Grünen Bands informierten für die Heinz Sielmann Stiftung Dr. Maude Erasmy und Dr. Schumacher sowie der zuständige Gebietsbetreuer der SNT, Maik Hildebrandt, über regionale Besonderheiten und die Ziele des Managementplans und deren Umsetzung. Einen Teil dieser Umsetzung konnten die Gäste in Form einer Schaf- und Ziegenherde in Aktion erleben.
Am WestÖstlichen Tor berichtete Prof. Dr. Hubert Weiger über seine Initiative zu einem Europäischen Grünen Band, die schließlich 2002 auf der ersten internationalen Konferenz zum Europäischen Grünen Band beim Bundesamt für Naturschutz in Bonn ins Leben gerufen wurde.
Gorbatschow mit erster und einziger Aktie
Nach Prof. Weigers Vortrag moderierte die Geschäftsführerin des Grenzlandmuseum Eichsfeld e. V., Mira Keune, ein Zeitzeugengespräch mit Prof. Weiger, Dr. Brickwedde, Dornieden und Nolte, die bei der Einweihung des WestÖstlichen Tors dabei waren, sowie Hermann Merkord als Vorsitzender des BUND Göttingen. Dornieden und Nolte, die seinerzeit beide noch in kommunalpolitischer Verantwortung standen, berichteten von den Erwartungen und Hoffnungen, die sie mit dem Ereignis und dem Grünen Band insgesamt für die Region verbanden. Beide zogen ihr Fazit, inwieweit sich Erwartungen und Hoffnungen erfüllt hatten.
Insbesondere Nolte verband seine Worte mit einem ausdrücklichen Dank an alle Beteiligten für das bisher Erreichte. Dr. Brickwedde, langjähriger Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), erzählte aus der Sicht der DBU als Zuwendungsgeberin für das Projekt und zitierte zur Unterstreichung Passagen aus dem seinerzeitigen Antrag sowie dem Zuwendungsbescheid. Scherzhaft fügte er hinzu, das Projektziel sei erreicht und mit Rückforderungen der DBU nicht zu rechnen.
Als er im danach eine Aktie des Grünen Bandes überreichte, reagierte Gorbatschow mit den Worten, dies sei die erste und einzige Aktie, die er je besessen habe.
Merkord schließlich berichtete aus der damaligen Sicht der Biologischen Schutzgemeinschaft und des BUND Göttingen, die von der tatsächlichen Dimension dieses Ereignisses zunächst überrascht waren, allerdings von vornherein ihre Unterstützung zugesagt hatten.
Zwangsaussiedlungen und Waffeneinsatz
Bevor die Gruppe zur zweiten Etappe vom Kutschenberg bis zum Grenzlandmuseum aufbrach, überreichte Maik Hildebrandt den „Staffelstab“ der SNT an Gerhard Propf, der ab hier die Erläuterungen für die Stiftung übernahm. Keune leitete diesen Abschnitt mit Informationen zu den historischen Hintergründen der Wanderungen ein: Die Wanderung im Mai wird immer um den Jahrestag der Grenzschließung am 26./27. Mai 1952 herum angeboten. Dieses Datum ist – anders als der 13. August – bis heute fast nur in Fachkreisen bekannt. Dabei waren die Einschnitte für die Menschen scharf. Nicht nur, dass alle Verbindungslinien endgültig zerschnitten wurden, auf DDR-Seite kamen die Beschränkungen durch Einrichtung von Sperrzone und Schutzstreifen hinzu, und die Schrecken der Zwangsaussiedlungen aus dem Schutzstreifen, durch die in der ersten Welle etwa 8.000 Menschen entlang der gesamten Grenze ihre Heimat verloren. Auch der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wirkte sich entlang der gesamten innerdeutschen Grenze mit weiterem Ausbau und verstärkter Militarisierung aus, wie zum Beispiel dem Einsatz von Erdminen. Zudem gab es eine weitere Zwangsaussiedlungswelle mit etwa 3.000 Betroffenen.
Nachhaltige Bewirtschaftung als Relikt
Baumert zeigte ein Niederwaldrelikt am Fuß des Lindenbergs. Diese älteste Form der nachhaltigen Waldbewirtschaftung – erste Fundbelege sind ca. 5.000 Jahre alt – wurde im 19. und 20. Jahrhundert wegen Unwirtschaftlichkeit ganz überwiegend durch Hochwald ersetzt. Offensichtlich bestand aber in Teistungen noch ein regionaler Bedarf, so dass diese Art der Nutzung hier erhalten blieb und erst mit der Grenzschließung endete. Aufgrund der Zugangsbeschränkungen ist die Umwandlung dann unterblieben, so dass es sich hier um ein ökologisches, landeskulturelles und historisches Relikt handelt.
Mira Keune schilderte sehr eindrücklich den Fluchtversuch des jungen André Rößler, bei dem er bei Teistungen durch zwei Splitterminen tödlich verletzt wurde.
Ihren Ausklang fand die Wanderung im Grenzlandmuseum Eichsfeld. Alle Gäste der Wanderung äußerten sich sehr zufrieden und begeistert über das Erlebnis.