Viele Naturschutzflächen vertragen keine effiziente Bearbeitung mit schweren Maschinen, sondern brauchen eine dem jeweiligen Biotop angepasste Pflege. Gerade feuchte Flächen können mit Maschinen oft nur sehr schlecht oder gar nicht bearbeitet werden“, erklärt Helmut Querhammer, Bio-Landwirt in Fahrland bei Potsdam.
Wasserbüffel und Galloway-Rinder
Er hat sich bereits vor 30 Jahren auf die Beweidung von Naturschutzflächen spezialisiert. Mit 3 Tieren fing es an. Heute hat er insgesamt 190 Tiere, die 300 Hektar Naturschutzflächen beweiden. Allein 120 Galloway-Rinder und rund 20 Wasserbüffel sind am Rande des Ferbitzer Bruchs, einem Niedermoorgebiet in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide, und im Kiefbruch sowie auf den Priorter Wiesen und in der Großen Grabenniederung im Einsatz. Insgesamt pflegen die Tiere in der Döberitzer Heide 120 Hektar Grünland.
Die Wasserbüffel sind besonders gut an feuchte Flächen angepasst. Sie sinken nicht zu tief in den nassen Boden ein und fressen die Flächen schonend ab. Die Büffel verspeisen Schilf und Galloways auch das frisch aufgewachsene harte Landreitgras, was andere Tiere stehen lassen. Ihre Trittspuren, Pfade, Suhlen und Sandbadestellen erweitern das Mosaik von Lebensräumen für viele, oft bedrohte Pflanzen- und Tierarten. An besonders feuchten Stellen hinterlassen die robusten Tiere nasse Pfade, auf denen zum Beispiel Amphibien wandern und sich ausbreiten können. Oder Schmetterlinge stärken sich in der Frühlingssonne an einem wassergefüllten Klauenabdruck.
Den Winter verbringen die Mutterkühe im ehemaligen Schaugehege der Heinz Sielmann Stiftung in Elstal. Dort werden sie in der kalten Jahreszeit zugefüttert und bringen relativ geschützt ihre Kälber zur Welt. In diesem Jahr sind bereits fünf Büffelkälber geboren, die dann im Frühjahr mit den Mutterkühen auf die Wiesen gehen.
Schafe mögen es mager
Tochter Lisa Querhammer hat sich auf die Landschaftspflege mit Schafen spezialisiert. Mit ihren Futtervorlieben und ihrer Genügsamkeit sind Skudden und Heidschnucken ideale Landschaftspfleger für die trockenen Standorte. Die alten, inzwischen selten gewordenen Schafrassen bevorzugen magere Gräser. Auch eine kleine Herde mit aus Nordengland stammenden Herdwicks weiden auf einzelnen Randflächen.
„Auch aufwachsende Bäume und Sträucher nehmen sie als Leckerbissen gern mit. Das verhindert die Verbuschung und Bewaldung zum Erhalt der Offenlandschaft für konkurrenzschwache und wärmeliebende Arten“, so Lisa Querhammer, die seit fünf Jahren ihren Biohof Betula in Elstal betreibt.
Ihre Tiere beweiden den Bereich im und um das ehemalige Schaugehege der Heinz Sielmann Stiftung, das jetzt als Winterquartier für die Tiere der beiden Querhammer-Betriebe dient. Darüber hinaus grasen sie auch auf den Flächen am zukünftigen Naturerlebniszentrum, der ehemaligen Kommandantur. Insgesamt fressen 150 Schafe auf etwa 100 Hektar in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide. Teils sind die Flächen von einem Festzaun umgeben, teils wandern die Tiere und werden mit mobilen strombewehrten Zäunen geschützt. Auch drei Herdenschutzhunde sind seit zwei Jahren in der Herde und sollen vor Wolfsangriffen schützen.
Beweidung hat System
Die Beweidung durch die Schafe folgt einem ausgeklügelten System. Damit die Feldlerche brüten kann, werden manche Flächen erst später im Jahr oder gar nicht beweidet. Verblühte Staudenstängel und lange Gräser bleiben stehen und bieten dem Braunkehlchen einen Aussichtspunkt oder bestimmten Insekten einen Überwinterungsplatz. An anderer Stelle fressen die Tiere die Pflanzen teilweise bis auf den Sand herunter, denn sandige Stellen bieten Lebensraum für Wildbienen und andere Insekten, die im Sand Nester und Brutplätze anlegen.
So vielfältig wie die Landschaft ist, so vielfältig ist das Beweidungssystem, damit die außerordentliche Artenvielfalt in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide erhalten bleibt. Auch im Winter ist der Schafbetrieb von Lisa Querhammer im Einsatz. Die Tiere sind das ganze Jahr in der Döberitzer Heide und beweiden die Flächen auch in der kalten Jahreszeit.
Hintergrund
Viele seltene Insekten und Vögel bevorzugen die offene und halboffene Landschaft der Döberitzer Heide mit ihren lichten Eichenwäldern und offenen sandigen oder feuchten Flächen. Im Sandboden finden seltene Wildbienen Brutplätze, große und kleine Falter finden passende Nahrung an den Waldrändern. Vögel wie Wiedehopf und Wendehals, Steinschmätzer und Heidelerche, die man in der Agrarlandschaft sonst kaum mehr findet, leben auf der 3600 Hektar großen Fläche in zunehmender Zahl. In den feuchten Bereichen fühlen sich Kranich, Fischotter und die bundesweit stark gefährdete Rotbauchunke wohl. Deshalb genießt Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide als Flora-Fauna-Habitat (FFH) den höchsten europäischen Schutz und ist zu großen Teilen als Vogelschutzgebiet ausgewiesen.