Manchmal ist weniger Grün mehr: Der Feldhamster mag es nicht zu dicht bewachsen. Mit seinen flinken Pfoten trippelt der höchstens 35 Zentimeter große Nager über den Boden, wenn er vor Fuchs oder Dachs flüchtet. Zu dichte Vegetation ist da hinderlich. Gleichzeitig braucht er lockeren Bewuchs als Deckung vor hungrigen Greifvögeln. Ein schonend bewirtschaftetes Feld ist für den Feldhamster also der ideale Lebensraum.
Er gehört zu den sogenannten Kulturfolgern, eine von vielen Arten, die es sich früher auf unseren Acker- und Weideflächen heimelig eingerichtet hatten. Heute wird der Feldhamster als „Vom Aussterben bedroht“ in der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands geführt.
Feldhamsterschutz geht nur mit Landwirtschaft
Die Landwirtschaft hat einst Artenvielfalt möglich gemacht und kann dies auch heute noch. Für Nina Lipecki hat der gemeinsame Ansatz Priorität: „Ohne die Landwirtinnen und Landwirte geht es nicht.“ Seit Juli 2023 arbeitet die Feldhamsterschützerin in der Ökologischen Station Hildesheim, die von der Heinz Sielmann Stiftung mit drei Partnern getragen wird. Sie unterstützt landwirtschaftliche Betriebe dabei, Schutzmaßnahmen umzusetzen, die vom Landkreis gefördert werden. Dazu gehört unter anderen die Ährenernte, bei der die Getreidestoppeln als Versteck für den Feldhamster bis zum Oktober stehen bleiben.
Der Feldhamster ist ein anspruchsvoller Geselle. „Er bevorzugt die besten Löss- und Lehmböden“, erklärt Lipecki. Umso wichtiger sei es für die Landwirtinnen und Landwirte, dass mit den Schutzmaßnahmen weiterhin eine gute Ernte möglich ist. Daher ist der Feldhamsterschutz ein besonders gutes Übungsbeispiel, wie Artenschutz und Landwirtschaft miteinander funktionieren können.
Artenschutzmaßnahmen: Vorteile für die Landwirtschaft
Was gut für den Feldhamster und viele weitere Arten ist, hilft langfristig auch den anbauenden Betrieben. Eine bunte Fruchtfolge zum Beispiel: „Der Feldhamster braucht wie wir Menschen einen vielseitigen Speiseplan“, erklärt Nina Lipecki. Als wichtige eiweißhaltige Nahrung dienen ihm die sogenannten Leguminosen wie Ackerbohne oder Luzerne. Leguminosen binden außerdem Luftstickstoff, verbessern so erheblich den Nährstoffgehalt im Boden und damit die Bodenqualität. Gut also für Hamster und Betrieb.
Feldvögel besonders gefährdet
Auch heimische Feldvögel wie Rebhuhn, Kiebitz und Feldlerche drohen zu verschwinden. Das liege maßgeblich an der heutigen Landschaftsstruktur, erklärt Dr. Heiko Schumacher, Vogelexperte und Leiter des Geschäftsbereichs Biodiversität bei der Heinz Sielmann Stiftung: „Es fehlt das Kleinräumige und Kleinflächige. Strukturen wie Hecken und kleine Gewässer sind verschwunden.“
Im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft wurden kleinteilige Feld- Wiesen- und Ackerflächen zunehmend umgestaltet und zusammengelegt, um sie unter Einsatz von großen Maschinen und Agrarchemikalien ertragreicher bewirtschaften zu können. Heute prägen großflächige und strukturarme Monokulturen vielerorts die Agrarlandschaft, die den Tieren der Feldflur kaum mehr sicheren Lebensraum bietet.
Dr. Heiko Schumacher sieht aber nicht allein die landwirtschaftlichen Betriebe, sondern die Gesellschaft insgesamt in der Verantwortung: „Wir als Verbraucher müssen einen adäquaten Preis für Lebensmittel zahlen, um die Landwirtinnen und Landwirte beim Artenschutz zu unterstützen.“ Die biologische Landwirtschaft leiste bereits einen großen Beitrag, indem sie unter anderem auf Pestizide und künstliche Stickstoff-Düngung verzichte. „Wir sehen die Landwirtschaft als Partner in der Förderung der Artenvielfalt“, so Schumacher.
Gemeinsamer Ansatz bei Biotopprojekten
Die Heinz Sielmann Stiftung betreibt zahlreiche Projekte in Kooperation mit Landwirtinnen und Landwirten. Ein Beispiel ist die 16 Hektar große Biotoplandschaft Göttingen, früher intensiv genutztes Ackerland. Auf zwölf Hektar wurden hier extensive Weideflächen eingerichtet, die mit Zwergzebu-Rindern bewirtschaftet werden. In der 2022 eingeweihten Biotoplandschaft wurden bereits mehrere Brutpaare des Rebhuhns festgestellt. Auch andere selten gewordene Vögel wie Bruchwasserläufer, Flussregenpfeifer, Silber- und Seidenreiher ließen sich bereits blicken.
Mit großem Erfolg setzt die Stiftung auch in Bayern extensive Beweidungsprojekte um. In Massing (Landkreis Rottal-Inn) kommen beispielsweise Wasserbüffel zum Einsatz, um eine ehemalige Niedermoorlandschaft wiederherzustellen. In der Pupplinger Au im Isartal (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) helfen Murnau-Werdenfelser Rinder mit, wertvolle Schneeheide-Kiefernwälder zu schützen. Die robusten und genügsamen Tiere fressen die im Wald aufkommenden, unerwünschten Gräser und erhalten dadurch wichtigen Lebensraum für bedrohte Arten wie das Wald-Wiesenvögelchen oder den Europäischen Frauenschuh.
Projekte wie diese seinen letztlich eine Win-Win-Situation für den Naturschutz und die beteiligten Betriebe, betont Schumacher: „Mit unseren Projekten möchten wir auch aufzeigen, dass Natur- und Artenschutz in der Landwirtschaft kein Selbstzweck sind, sondern ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein für die Betriebe sein können.“
Mehr über die Projekte der Heinz Sielmann Stiftung erfahren Sie hier.