„Klima- und Ressourcenschutz und Armutsbekämpfung gehören zu den drängendsten globalen Herausforderungen. Doch scheinen auf den ersten Blick Schutz der Natur und menschliche Entwicklung nur schwer miteinander vereinbar. Wir sehen aber in der Praxis, dass mit einem integrierten Ansatz beides gemeinsam gelingen kann“, erklärt Dr. Sebastian Brandis, Sprecher des Vorstands der Stiftung Menschen für Menschen, und ergänzt: „Unser Projekt bestätigt uns.“
Dichter Waldaufwuchs nach drei Jahren
Im Rahmen des Wiederbewaldungsprojekts der Heinz Sielmann Stiftung und der Stiftung Menschen für Menschen wurden 240 Hektar Land in einem Zeitraum von drei Jahren teils bepflanzt, teils sich selbst überlassen. Nach drei Jahren gibt es nun einen dichten Waldaufwuchs, der Grundwasserspiegel und die Humusschicht haben sich erholt, seltene Vogelarten sind zurückgekehrt. Dr. Ermias Lulekal, Professor of Ethnobotany von der Addis Ababa University weist im Rahmen seiner Studie darauf hin, dass für den Erfolg eines solchen Projekts die Einbeziehung der lokalen Gemeinschaft vor Ort von entscheidender Bedeutung ist. 3800 Einwohner einschließlich der Regierungsvertreter in der Wogdi-Region haben an der Planung der Aufforstung und der begleitenden Maßnahmen mitgewirkt. In dem geschlossenen Waldgebiet wurde weder Holz geschlagen noch durften Tiere dort weiden.
Wald sichert Einkommen
Gleichzeitig sicherte Nutzholzanbau rund um die Häuser der Bauern den Zugang zu Feuerholz und effizientere Öfen verringern den Holzbedarf. Zudem wurden in den vergangenen drei Jahren sichere Zugänge zu sauberem Wasser geschaffen und agroforstwirtschaftliche Techniken für die Nahrungsproduktion in den Nutzgärten der Bauern eingeführt. Imkerei und Hühnerhaltung sorgten außerdem für zusätzliche Einkommen. „Wenn der Wald den Menschen ihr Einkommen sichert, ist die Motivation hoch, ihn zu schützen“, sagt Michael Beier, Vorstandsvorsitzender der Heinz Sielmann Stiftung. „Der Wald wird zum Beispiel durch die Bienenzucht ein Vermögenswert. Damit steigt das Eigeninteresse vor Ort, den Wald zu erhalten und zu pflegen. Armutsbekämpfung und Klima- und Artenschutz gehen so Hand in Hand.“
Produktivität und Biodiversität
Die beiden Stiftungen betreiben das gemeinsame Projekt seit 2017 im Sinne der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs). Die positiven Ergebnisse sprechen für eine Skalierung, Flächen sind ausreichend vorhanden. Höhere Produktivität und Vielfalt haben die Ernährungssicherheit gesteigert. Die jährlichen Einkommen aus landwirtschaftlicher Produktion stiegen um das drei- bis sechsfache, die Gesundheit der Menschen verbesserte sich durch den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zugleich erhöhte sich in der Region die Artenvielfalt mit bis zu acht Mal mehr identifizierten Tierarten gegenüber Vergleichsflächen außerhalb des Projektgebiets. Nicht zuletzt wurde mit dem Waldgebiet eine nennenswerte CO2-Senke geschaffen. Die Projektpartner kommen zu dem Schluss, dass Wiederbewaldungsprojekte, die im Rahmen von Klima- und Biodiversitätsschutzmaßnahmen weltweit gefördert werden, nur nachhaltig funktionieren können, wenn sie beim Bedarf der lokal ansässigen Bevölkerung ansetzen und Entwicklungsmaßnahmen für die Menschen mit in das Projekt integriert sind.