Unter dem Titel „Hummeln – Sympathieträger mit Zukunft?“ lud die Heinz Sielmann Stiftung am Montag, 23.09.2024, zum 3. Wildbienensymposium in das Museum der Natur Hamburg ein. Die große Dringlichkeit des Themas machte die Journalistin und Buchautorin Tanja Busse, die die Veranstaltung moderierte, gleich zu Beginn noch einmal deutlich. „In den letzten Jahren ist erst richtig klar geworden, wie wichtig die Hummeln für die Bestäubung vieler Pflanzen sind“, erklärte Busse. Zugleich seien viele Hummelarten zunehmend gefährdet. Würden sie verschwinden, hätte das fatale Folgen für die Ökosysteme und somit auch für die Menschheit.
Evolution und Vielfalt der Hummeln
Dr. Ulrich Kotthoff, Leiter der Abteilung Geologie und Paläontologie des Museums der Natur Hamburg, eröffnete das hochkarätig besetzte Symposium mit einem kompakten Vortrag über die 100 Millionen Jahre umfassende Evolutionsgeschichte der Bienen. Im Zuge der Erdgeschichte seien die Bienen stetigen Umweltveränderungen ausgesetzt gewesen und hätten unter anderem ein großes Massensterben vor rund 66 Millionen Jahren sowie diverse Eiszeiten überlebt, zeigte Kotthoff auf. Aktuell sei die größte Bedrohung für die Bienen allerdings die menschgemachten Umweltveränderungen.
Dr. Hannes Petrischak, Bereichsleiter Naturschutz der Heinz Sielmann Stiftung, nahm die rund 110 Teilnehmenden anschließend auf eine Reise quer durch Europa mit. In einem bildstarken Vortrag beleuchtete Petrischak die enorme Vielfalt an europäischen Hummeln, die er auf seinen Naturreisen unter anderem in Schottland, Skandinavien oder auch auf Korsika dokumentierte. Neben häufigen und bekannten Arten wie der Gartenhummel stellte Petrischak auch hochspezialisierte Arten wie die alpine Eisenhuthummel oder auch die Polarhummel vor, die in Europa ausschließlich in der Tundra Skandinaviens anzutreffen ist.
Spannende Einblicke in Forschungsprojekte
Dr. Sophie Ogan von der Stabsstelle Klima, Boden, Biodiversität des Thünen-Instituts stellte in einem Impulsvortrag das „Hummel-Monitoring“ und die „Hummel-Challenge“ vor. Beide Teilprojekte des bundesweiten Wildbienen-Monitorings in Agrarlandschaften am Thünen-Institut verfolgen einen sogenannten Citizen-Science-Ansatz. Interessierte Laien können einen Beitrag zur Forschung leisten, indem sie ehrenamtlich mithelfen, Hummeln in ihrer Region zu erfassen.
Dr. Christoph Saure vom Kompetenzzentrum Wildbienen gGmbH präsentierte anschließend die Ergebnisse des BienABest-Projekts. Über eine Projektlaufzeit von fünf Jahren wurden an insgesamt 20 Standorten in Deutschland Untersuchungsflächen angelegt und die dortigen Wildbienenvorkommen mit einem standardisierten Verfahren erfasst. Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass neben einem ganzjährigen Blütenangebot vor allem die Qualität und Quantität an Nistmöglichkeiten für Hummeln entscheidend seien. Neu geschaffene Blühflächen und Stilllegungsflächen erwiesen sich laut Saure als genauso bedeutsame und mitunter sogar bedeutsamere Lebensräume als bekannte Althabitate.
Klimawandel und Krankheiten bedrohen Hummeln
Die Abschlussdiskussion mit allen Vortragenden führte noch einmal auf die Ausgangsfrage nach der Zukunft der Hummeln zurück. Unter den menschlichen Umwelteinflüssen – insbesondere der veränderten Landnutzung seit der Nachkriegszeit – würden die meisten Hummelarten stark leiden, stellte Dr. Hannes Petrischak fest. Der Klimawandel bedrohe viele Arten, die in den kühlen Regionen der Gebirge und des hohen Nordens leben. Die im Zuge des Klimawandels zunehmende Trockenheit sei außerdem eine existenzielle Gefahr für Arten wie die Mooshummel, die an feuchtere Lebensräume angepasst sei. Anhaltende Hitze und Trockenheit führten außerdem zu Blütenmangel und damit zu Nahrungsknappheit bei den Bestäubern.
Auch die globale Verschleppung von Krankheitserregern sei ein großes Risiko für Hummeln und andere Wildbienen, betonte Dr. Sophie Ogan. Die Übertragungswege zwischen unterschiedlichen Bienenarten oder auch der generelle Einfluss von Krankheiten auf die Bestandverluste seien aber noch kaum erforscht.
Experten fordern gezielte Schutzmaßnahmen
In den entscheidenden Punkten waren sich die Experten einig: Gerade die spezialisierten und besonders gefährdeten Arten seien akut bedroht und nur durch gezielten Artenschutz zu retten. Sowohl die Gefährdungsursachen als auch die notwendigen Schutzmaßnahmen für Hummeln seien eigentlich seit Langem bekannt. Es mangele vornehmlich an der Umsetzung. Ein entscheidender Hebel, um in der Agrarlandschaft wirksame Verbesserungen für bestäubende Insekten zu schaffen, sei die Politik. Allerdings sei die Umweltpolitik in Deutschland und Europa seit der Corona-Pandemie vor allem von Rückschritten geprägt gewesen, bemängelten die Experten. Angesichts des politischen Rechtsrucks in der Gesellschaft werde dem Klima- und Naturschutz aktuell kaum noch die nötige Aufmerksamkeit geschenkt.
Auch mehr Umweltbildung und Aufklärungsarbeit sei notwendig, um besonders junge Menschen für die Natur und deren Schutz zu begeistern. Aber auch jeder Einzelne sei gefordert, etwa durch den bewussten Konsum von Bio-Lebensmitteln und persönliches Engagement einen Beitrag zum Bestäuberschutz zu leisten. Die Möglichkeiten, im eigenen Garten oder auch auf Ebene der Gemeinden und Kommunen für Wildbienen aktiv zu werden, sind vielfältig. Die Heinz Sielmann Stiftung bietet hierzu verschiedentlich kostenfreie Informationen und praktische Ratgeber an.