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Wissenschaftler:innen und Stiftungen fordern Sofort-Maßnahmen zum Schutz der Wildbienen

Sielmann Dialog im Umweltforum Berlin: Alexander Greiner (Moderation), Ole Müggenburg (Voelkel), Jan Hellberg (Aurelia Stiftung), Dr. Karin Stein-Bachinger (ZALF), Dr. Hannes Petrischak (Heinz Sielmann Stiftung)

Am 2. September lud die Heinz Sielmann Stiftung zum zweiten Wildbienensymposium in das Berliner Umweltforum ein. Wissenschaftler stellen in ihren Vorträgen zum Schutz der Wildbienen in Deutschland klar, dass viele wirksame Lösungsansätze bekannt sind. Nun sei die Politik in der Verantwortung diese auf nationaler und internationaler Ebene umzusetzen. Allerdings stimmte Deutschland beispielsweise bisher gegen die Novellierung der europäischen Bienenrichtlinie, die die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln regelt. Foto: Tanja M. Marotzke

Schulterschluss zwischen Landwirtschaft und Naturschutz möglich

Wirtschaft, Konsumenten, Zivilgesellschaft und Politik müssen unverzüglich Verantwortung übernehmen und handeln, um Wildbienen zu schützen und den Rückgang der biologischen Vielfalt zu stoppen. Der Sielmann-Dialog im Rahmen des Wildbienensymposiums 2020 gab Experten eine Bühne. Dr. Karin Stein-Bachinger vom Leibniz-Institut für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg präsentierte Ergebnisse einer Vergleichsstudie zum Einfluss der ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft auf die biologische Vielfalt. Die Auswertung ergab, dass bei 86 % (Pflanzenwelt) beziehungsweise 49 % (Tierwelt) der analysierten Vergleichspaare der ökologische Landbau deutliche Vorteile aufwies. Sie berät Landnutzer und entwickelt konkrete Lösungen für ein Miteinander von Nutzung und Natur. Am ZALF (Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V.) entwickelte sie mit Kollegen im Rahmen des Projektes "Landwirtschaft für Artenvielfalt" einen umfangreichen Maßnahmenkatalog. Durch die Kooperation des WWF, der das Projekt koordiniert, mit dem Einzelhandel können Verbraucher aktiv Artenvielfalt fördern durch den Kauf bestimmter Produkte, die bereits am Markt sind. „60 % der Leistungen, die die Natur für uns Menschen erbringt, sind durch die Art und Weise der Nahrungsmittelproduktion beeinträchtigt. Unser Maßnahmenkatalog zeigt, wie man dem entgegenwirken kann und trotzdem einen profitablen Landwirtschaftsbetrieb führt. Gerade im Ökolandbau ist dies sehr positiv, da noch viele Arten vorkommen und zusätzliche Maßnahmen sehr effektiv sind“, erklärte Stein-Bachinger im Rahmen der Diskussion. Auf die Nachfrage, ob dieser Katalog Vorlage für die Umgestaltung der europäischen Agrarsubventionspolitik sein kann, antwortete die Wissenschaftlerin: „Ja, das ist möglich. Die Lösungen sind bekannt, nun ist die Politik gefragt, die Umsetzung zu unterstützen. Hier sehen wir deutliche Parallelen zur Klimaschutzdebatte“.

Deutschland blockiert Neureglung der europäischen Bienenrichtlinie

Ebenfalls auf dem Podium saß Jan Hellberg von der Aurelia Stiftung. Der Wildbienenexperte beleuchtet die politische Dimension des Themas Wildbienenschutz. Seit 2002 stockt die Novellierung der europäischen Bienenrichtlinie im EU-Parlament. Die Richtlinie regelt die Zulassungspraxis für Pflanzenschutzmittel. Zurzeit werde nur auf das tödliche Risiko für Honigbienen vor der Zulassung getestet. Tests an Wildbienenarten oder unter Realbedingungen sind nicht vorgesehen. Dabei ist schon lange bekannt, dass Pflanzenschutzmittel zu Orientierungsstörungen und Beeinträchtigungen der Fortpflanzung bei bestäubenden Insekten führen. Bisher stimmten auch die Vertreter Deutschlands gegen eine wildbienenfreundliche Neufassung der Bienenrichtlinie. „Dabei häufen sich die Signale aus der Landwirtschaft, dass der Sektor Teil der Lösung der Biodiversitätskrise sein möchte“, führt Jan Hellberg aus. Die Politik müsse sich fragen lassen, warum hier weiterhin keine Fortschritte gemacht werden, obwohl die wissenschaftlichen Erkenntnisse für diese Prozesse vorliegen. „Deutschland hätte immerhin die Möglichkeit national strengere Richtlinien anzuwenden“, so Hellberg weiter.

Der Griff in das Supermarktregal ist eine Abstimmung für oder gegen Artenvielfalt

Ole Müggenburg, Pressesprecher des Getränkeherstellers Voelkel, berichtet aus der Praxis eines Betriebs, der landwirtschaftliche Erzeugnisse weiterverarbeitet und in den Handel bringt. Der Fokus des Saftherstellers liegt darin, eine Wertschöpfung für die Landwirte zu generieren, die es ihnen ermöglicht, nicht nur hochwertige Bio-Lebensmittel zu erzeugen, sondern auch so wirtschaften, dass sie sich Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität leisten können. „Unsere Aufgabe als Marke ist es, Kunden zu vermitteln, warum Mensch- und Naturgerechte Produktion mehr Aufwand bedeutet und am Ende mehr kostet. Wenn man dies glaubwürdig tut, honoriert der Kunde dies mit seinem Einkauf. Mit dem Griff in das Supermarktregal entscheidet sich der Kunde für ein Produkt, dass entweder biologische Vielfalt fördert oder sie zerstört“, erklärt Müggenburg im Vortrag. Konventionell hergestellte Produkte, die durch ihre intensive Erzeugung höhere Gemeinkosten verursachen, seien aber derzeit günstiger, als jene, die Gemeinkosten vermeiden, da sie Ressourcen schützen statt sie zu verbrauchen. Dieses Paradox ließe sich unter anderem nur durch eine geänderte Subventionspolitik auflösen. „Biodiversität ist etwas, dass Landwirte erzeugen und erhalten, auch für dieses Produkt müssten sie entlohnt werden. Schädliche Produktionsmuster hingegen sollten sanktioniert werden“, erläutert Müggenburg weiter.

Frau Klöckner, handeln Sie jetzt!

Aus der Landwirtschaft werden zahlreiche Signale gesendet, die ein Umdenken in Sachen Insektenschutz ermöglichen. Die Branche möchte Teil der Lösung und nicht Verursacher eines Problems sein. Die Teilnehmer des Wildbienensymposiums 2020 der Heinz Sielmann Stiftung fordern die Bundeslandwirtschaftsministerin eindringlich dazu auf, das vorhandene Wissen und gute Beispiele durch eine angepasste Subventionspolitik endlich flächendeckend umsetzbar zu machen. Dr. Hannes Petrischak, Bereichsleiter und Wildbienenexperte bei der Stiftung, sagt dazu: „Wir wissen genug um handeln zu können. Wir haben keine Zeit mehr um zögerlich zu sein. Ohne ein radikales Umdenken der politischen Entscheider werden Wildbienen und mit ihnen die gesamte biologische Vielfalt weiter dramatisch zurückgehen. Allen Bürgerinnen und Bürgern stehen neben den eigenen Konsum-Entscheidungen vielfältige demokratische Mittel zur Verfügung. Wenden Sie sich an Ihre Landtags- oder Bundestagsabgeordneten und fragen Sie, was er oder sie für den Schutz der Insekten tut. Gemeinsam müssen wir die Anwälte der heimischen Vielfalt sein.“

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