Zwischen dem 25. März und 13. Juni konnte online für eine von sechs Tierarten im Garten abgestimmt werden. Mit der Aktion möchte die Heinz Sielmann Stiftung auf den dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt in unserer Kulturlandschaft hinweisen. Mit 27 Prozent der Stimmen lag der Stieglitz (Carduelis carduelis) klar vor den anderen Kandidaten. Den zweiten Platz belegte mit 20 Prozent der Stimmen der Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata), dicht gefolgt vom Maulwurf (Talpa europaea), der 16 Prozent der Stimmen erhielt.
Kunterbunter Akrobat
Der Stieglitz ist auch unter dem Namen Distelfink bekannt. Kopfüber oder mit waghalsigen akrobatischen Einlagen versuchen die Vögel an die nahrhaften Samen ihrer Lieblings-Futterpflanze zu gelangen. Dabei sehen sie häufig unfreiwillig komisch aus. Die gelb-schwarzen Flügelfedern und die rote Gesichtsmaske verstärken den Eindruck eines Zirkusauftritts. Stieglitze gehören zur Vogelfamilie der Finken. Sie fressen vor allem halbreife oder reife Samen verschiedener Stauden, Gräser und Bäume. In kleinen geselligen Trupps machen sich die Stieglitze auf die Suche nach Fressbarem. Neben heimischen Wildpflanzen stehen auch typische Gartenpflanzen auf dem Speiseplan. Die Samen von Sonnenblumen, Berg-Flockenblume, Kornblume, Karde oder Sonnenhut locken die Vögel in den Garten.
Botschafter für naturnahe Gärten
Die Wildvögel profitieren davon, wenn sich wenigstens in einigen Gartenbereichen wilde Ecken entwickeln können. Möchte man sie im eigenen Garten als Gast begrüßen, sollte man darauf verzichten die Stängel und Samenstände von Stauden und Wildpflanzen abzuschneiden. Nachdem der Stieglitz die Samenstände gefressen hat, bieten diese zahlreichen Insekten ein sicheres Winterquartier. Ein Rückschnitt im zeitigen Frühjahr ist möglich, ohne dass dies die Pflanze beeinträchtigt. Etwa 150 Pflanzen stehen auf dem Speiseplan des diesjährigen Gartentiers. Viele davon sind gut an Trockenheit und Hitze angepasst. Disteln, Kade, Skabiosen oder Witwenblume könnten zukünftig eine wichtige Rolle bei der naturnahen und klimaangepassten Gestaltung von Gärten spielen. Davon profitieren Stieglitze und viele andere Arten im Garten.
Population im Sinkflug
Schätzungen gehen von bis zu 520.000 Brutpaaren in Deutschland aus. Damit zählt der Stieglitz noch zu den häufigen Brutvögeln. Allerdings beobachten Wissenschaftler:innen auch für diese Art einen Abwärtstrend. Der Bestand hat sich in Deutschland seit 1990 halbiert. „Jede:r kann selbst etwas für das Gartentier des Jahres tun“, erklärt Nora Künkler, Biologin bei der Heinz Sielmann Stiftung. „Die aktuellen wissenschaftlichen Ergebnisse zum Zustand der biologischen Vielfalt zeigen, dass wir auf einen dramatischen Wendepunkt zusteuern, wenn wir den Verlust der Artenvielfalt nicht jetzt aufhalten. Rund 45 Prozent der heimischen Brutvogelarten stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Jeder zweite Haushalt besitzt einen Garten, das sind etwa 20 Millionen Gärten in Deutschland. Allein alle Kleingärten, etwa eine Million insgesamt, bedecken eine Gesamtfläche von 40.000 Hektar. Gärten haben eine wichtige Funktion als Ersatzlebensräume und Trittsteine für Tier- und Pflanzenarten. Gärtner:innen müssen sich ihrer Verantwortung für den Artenschutz bewusst sein. Mit einer naturnahen Gestaltung können sie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten.“