Naturschutz fängt vor der eigenen Haustür an. Auch Firmen können die Biodiversität fördern. Der Unternehmensstandort kann ökologisch aufgewertet werden und einen Beitrag zu mehr Artenreichtum und Biodiversität leisten. In Deutschland sind etwa 14 Prozent der Fläche Gewerbe- und Siedlungsflächen.
Die SPIR STAR AG ist ein mittelständisches Familienunternehmen im Odenwald, das auf die Herstellung von Hochdruckschläuchen für die Industrie spezialisiert ist. Erfüllt das Firmengelände die Kriterien, um sich künftig naturnah nennen zu dürfen? Ganz eindeutig ja, lautet das Urteil des Testteams.
„Wir haben sehr gutes Silber vergeben“
so Naturgartentester Jürgen Schmidt, der mit Angelika Bonin-Schmidt das Gelände begutachtet hat. „Das Firmengelände bietet mit den großen Flächen viel echten Lebensraum: für Wildpflanzen sind geeignete Standorte für artenreiche Entwicklung geschaffen worden, Tiere finden Unterschlupf und Nistmöglichkeiten.“
Firmenchef Ruben de Graaf hatte die Idee, den Firmenstandort naturnah zu gestalten und freut sich über die Auszeichnung: „Auch wir Unternehmer haben Verantwortung für unsere Umwelt. Es gibt keinen Planeten B. Ich bin stolz auf das, was wir auf unserem Firmengelände geschafft haben“, so der Firmenchef. Er ist überzeugt: „Lebensräume für heimische Tiere und Pflanzen zu schaffen und zu erhalten, ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen.“ Gesamtprojektleiterin Bettina de la Chevallerie von der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V. ruft zum Mitmachen auf: „Naturnah gestaltete Firmengelände statt öder Betonflächen oder langweiligem Kurzrasen – so schaffen auch Firmen dringend benötigte Lebensräume für Insekten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen vielleicht auch privat Lust auf naturnahe Gartengestaltung.“
„Wir freuen uns sehr, dass nun auch die umfangreichen Flächen im gewerblichen Bereich, die ja oft nur als Abstandsflächen wahrgenommen werden, getestet und prämiert werden können. Unternehmen können hier mit wenig Aufwand sehr viel für heimische Pflanzen und eine Vielzahl von Tieren tun“, so Karsten Mody, Sabine Weiss und Ulrike Aufderheide für den Naturgarten e.V..
In Zusammenarbeit mit der Heinz Sielmann Stiftung und der Naturgartenplanerin Ute Geyer wurden in eineinhalb Jahren bereits rund 13.000 Quadratmeter Fläche umgestaltet – in den nächsten Jahren folgen weitere Bereiche. „Ich bin begeistert wie groß das Engagement von Firmenleitung und Mitarbeitenden ist“, so Geyer. Gemeinsame Pflanzaktionen haben den Teamgeist gestärkt. Im Herbst wurden gemeinsam Wildtulpen, Schneeglöckchen und Krokusse gesteckt. Unkrauthemmende Vliese wurden aus dem Boden geholt, exotische Pflanzen entfernt und durch heimische Arten ersetzt. Zudem wurden Rabatten mit Wildstauden wie Königskerzen, Natternkopf, Wolfsmilch oder Heilziest angelegt. Wiesenflächen werden seltener gemäht und Obstbäume beleben nun die Tradition der Odenwälder Streuobstwiesen neu. In kürzester Zeit siedelten sich Zauneidechsen zwischen aufgeschichteten Steinen an, Insekten fanden Lebensraum im Totholz, Wildbienen umschwirren Wiesenblumen, und Libellen lieben den neu angelegten Wasserlauf. Inzwischen sind auf der großen Magerwiese der SPIR STAR AG Schafe im Einsatz, denn auch sie sind aktive Naturschützer und pflegen Kulturlandschaften.
Dieses Engagement hat Früchte getragen und wurde mit einer Plakette in „Silber“ belohnt, die Bernd Assenmacher vom Wissenschaftsladen Bonn verliehen hat. Er ist im Rahmen des Projektes „Tausende Gärten – Tausende Arten“ für den Bereich Prämierungen zuständig. Das Konzept wurde in Kooperation mit dem Verein Naturgarten e.V. entwickelt. „Ich freue mich über das artenreiche und naturnahe Gelände und hoffe, dass viele weitere Unternehmen folgen“, so Assenmacher. Dr. Martina Koch von der Heinz Sielmann Stiftung ergänzt: „Damit eine naturnahe Gestaltung gelingt, sollte sie unbedingt von ausgewiesenen Naturgartenprofis geplant und umgesetzt werden. Dann haben Mensch, Tier und Pflanze, wie hier bei der SPIR STAR AG schön zu sehen, nachhaltig Freude daran.“
Das Projekt “Tausende Gärten-Tausende Arten“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Projektpartner sind: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V., Wissenschaftsladen Bonn (WILA) und die agentur für nachhaltige kommunikation tippingpoints. Kooperationspartner sind der Naturgarten e.V., der Verband Deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten (VWW) und die Heinz Sielmann Stiftung.