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Millionen europäischer Zugvögel nach Deutschland unterwegs

Vogelzugforschung ist wichtige Voraussetzung für den Naturschutz in der EU

26.09.2008, Duderstadt/Rossitten. Eine der wichtigsten Zugrouten des europäisch-afrikanischen Vogelzugs führt in diesen Tagen aus Nord- und Osteuropa nach Deutschland hinein. Allein auf einem Flugkorridor entlang der Kurischen Nehrung ziehen in den nächsten Wochen rund 10 Millionen Vögel zu Rastplätzen und Zwischenstationen in Deutschland. Im Brennpunkt dieses Vogelzuges liegt auf der Nehrung die von der Heinz Sielmann Stiftung mit rund 70.000 Euro im Jahr unterstützte Vogelwarte in Rossitten (heute russisch: Rybatschij). Durchschnittlich ziehen hier am Tag rund 250.000 Vögel vorbei, von denen bis zu 9.000 Vögel pro Tag beringt werden können. Die Erforschung des Vogelzuges hat in der Vergangenheit wesentlich dazu beigetragen, effektive Schutzmaßnahmen für Arten einzuleiten und Schutzgebiete auszuweisen.

Die Millionen Vögel aus Skandinaven, dem Baltikum und Russland meiden die großen offenen, für sie gefährlichen Wasserflächen. Sie bevorzugen als Überfluggebiet die lange Halbinsel zwischen dem Kurischen Haff und der Ostsee. Der schmale, rund 100 Kilometer lange Korridor bietet damit ideale Bedingungen zur Erforschung des Vogelzuges. Vergliche man die Zahl der Zugvögel mit dem jährlichen Passagieraufkommen eines deutschen Flughafens, läge Rossitten in der Größenordnung der Flughäfen Hamburg, Köln/Bonn oder Stuttgart. Im Gebiet der Wanderdünen der Nehrung werden die einfliegenden Zugvögel in feine Netzreusen geleitet, aus denen sie behutsam entnommen und beringt werden.

"Die Zugvogelforschung ist ein Meilenstein für der Entwicklung des heutigen Naturschutzes", sagt Prof. Peter Berthold, Stiftungsrat der Heinz Sielmann Stiftung und emeritierter Leiter des Max-Planck- Institutes für Ornithologie. So war die Verabschiedung der EU-Vogelschutzrichtlinie im Jahre 1979 die Grundlage für die spätere Ausweisung von SPA-Gebieten (Special Protected Areas), die zusammen mit den FFH-Schutzgebieten das europäischen NATURA 2000-Schutzgebietssystem bilden. "Zumindest in dieser Hinsicht haben wir etwas Glück, dass Deutschland ein Transitland ist – ein Transitland des Vogelzuges, der uns die Einrichtung von Schutzzonen ermöglicht, die auch vielen anderen Arten zugute kommen", ergänzt Prof. Berthold.

Nach der Auflösung der Sowjetunion geriet die Vogelwarte Rybatschij vorübergehend in eine schwierige Situation und stand sogar vor dem Aus. Durch die persönliche Initiative des Tierfilmers Prof. Heinz Sielmann und die finanzielle Unterstützung der Heinz Sielmann Stiftung konnte diese wichtige Forschungseinrichtung gerettet werden. Prof. Heinz Sielmann hatte seine Jugend in Königsberg verbracht und auf der Kurischen Nehrung im Jahre 1938 seinen ersten Film "Vögel über Haff und Wiesen" gedreht. Heute gehört die Biologische Station Rybatschij zur Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. Zu den Arbeitsschwerpunkten der Vogelstation Rossitten gehören unter anderem:

  • Langzeitmonitoring von 60 selteneren Vogelarten über bisher 50 Jahre hinweg – mathematische Ansätze zur Interpretation der Trends und deren Vorhersage
  • Verhaltensanpassungen bei saisonalen Wanderungen von Vögeln in stark zerstückelten Lebensräumen
  • Untersuchung zur Rolle des Erdmagnetfeldes im Orientierungssystem von Zugvögeln
  • Ökophysiologie und Fettdeposition bei verschiedenen Zugvogeltypen



Bereits im Jahre 1901 wurde in dem Dorf Rossiten die weltweit erste Vogelstation errichtet. Initiator war der Vogelkundler Johannes Thienemann, der auch erstmals die systematische Beringung von Zugvögeln einführte – eine Methode, die wichtige Daten zum Zugverhalten und zur Populationsdynamik der europäischen Vogelarten liefert. Nach Jahrzehnten der Beringung und entsprechendem Datenvergleich lässt sich nachweisen, dass nordeuropäische Langstreckenzieher nun auch schon als Teilzieher in Mitteleuropa statt in Afrika überwintern. Zugvögel sind damit wichtige Indikatoren des Klimawandels.

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