Vom Aussterben bedroht
„Jedes Jahr freue ich mich über die Rückkehr der Steinschmätzer, denn dieser Vogel ist andernorts sehr selten, deutschlandweit nimmt sein Bestand dramatisch ab“, erklärt Jörg Fürstenow, Verantwortlicher für Ökologisches Monitoring und Landschaftspflege-Management bei der Heinz Sielmann Stiftung. Fürstenow beobachtet die Charaktervögel karger Landschaften bereits seit den 1980er Jahren in der Döberitzer Heide.
Bis zu 15.000 Kilometer legen die kleinen Singvögel auf jedem ihrer Züge von Nord nach Süd und umgekehrt zurück. Den Winter verbringen die Steinschmätzer in Afrika südlich der Sahara in der Trocken- und Feuchtsavanne. Jetzt sind sie zurück. Und jedes Jahr werden es mehr Brutpaare in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide. Das ist eine Entwicklung gegen den Trend, denn bundesweit und auch in Brandenburg werden die Brutpaare des Steinschmätzers jedes Jahr weniger.
Brutpaare mehr als verdoppelt
In den vergangenen Jahren konnte in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide ein bedeutender Zuwachs an Brutpaaren beobachtet werden. Von 2016 bis 2022 hat sich die Anzahl der Brutpaare hier von 20 auf 48 Paare mehr als verdoppelt.
Vogelkenner Jörg Fürstenow erklärt sich das so: „Seit 2017 sorgen wir als Heinz Sielmann Stiftung mit Landschaftspflegemaßnahmen für die Offenhaltung der Landschaft. Wo früher Panzerketten, Brände und Explosionen die Vegetation kurzhielten und für karge Bodenverhältnisse sorgten, wurden in den vergangen fünf Jahren mit Hilfe von Fördermitteln aufkommende Bäume und Sträucher im Winter entfernt und zusätzlich Lesesteinhaufen als Brutplatzangebot angelegt.“
In Brandenburg leben laut letzten Veröffentlichungen noch etwa 450 Brutpaare. Mitte der 1990er Jahre waren es noch 2000-4000 Paare. Der Rückgang der Steinschmätzer-Reviere ist rasant und scheint kaum aufzuhalten zu sein. Die offenen Flächen des ehemaligen Truppenübungsplatzes „Döberitz“ und des „Bombodroms“ in der Kyritz-Ruppiner Heide mit Überresten von alten Betonbunkern und die Dünen der Bergbaufolgelandschaft Wanninchen bieten der bedrohten Vogelart letzte Refugien.
Maskierter Singvogel
Zu erkennen ist besonders das Männchen an der schwarzen Augenmaske – ein schwarzer Streifen zieht sich vom Schnabel über das Auge am Kopf entlang. Beim Weibchen ist der Streifen schwächer ausgeprägt und eher braun. Gut zu bestimmen ist der Steinschmätzer auch im Flug anhand seiner Schwanzfedern, deren Färbung ein schwarzes umgedrehtes T zeigt. Sein Ruf ist von April bis August in Sielmanns Naturlandschaften zu hören. Mit seinem durchdringenden „wiht“ von erhöhten Ansitzpunkten wie zum Beispiel Zaunpfählen oder Steinhaufen ist er auch für Spaziergänger:innen leicht zu entdecken. Oft ergänzt er seinen Gesang mit einem Warnruf, der mit einem „tack tack“ an aneinander klackende Kieselsteine erinnert.
In Dünen und Heide
Der Steinschmätzer ist aufgrund seiner Seltenheit in der besiedelten Landschaft relativ unbekannt. Er gehört wie das Rotkehlchen oder die Nachtigall zur Familie der Fliegenschnäpper. Im Gegensatz zu diesen weit verbreiteten Arten braucht der Steinschmätzer aber Lebensräume, die es in Deutschland kaum noch gibt: weiträumige, offene, vegetationsarme, auch steinige Landschaften mit Nischen und Hohlräumen in Felsen, Holz- oder Steinhaufen zum Brüten.
Solche Bedingungen findet der Steinschmätzer in Deutschland im Gebirge oder an steinigen Küsten, aber auch auf großflächigen Heiden. Vor allem auf Truppenübungsplätzen und in Bergbaufolgelandschaften wie in Sielmanns Naturlandschaften Döberitzer und Kyritz-Ruppiner Heide sowie in der Bergbaufolgelandschaft rund um Wanninchen ist er noch vergleichsweise oft zu finden. In Siedlungsgebieten und landwirtschaftlich genutzter Landschaft trifft man ihn dagegen kaum noch an.