Natur im Hochsommer

Strategien gegen Hitze und Sonne

von Caroline Hübenbecker

Wie übersteht die Natur den Hochsommer?

Wenn die Sonne brennt und die Temperaturen steigen, zeigen heimische Wildtiere und Pflanzen erstaunliche Tricks, um der Hitze zu entkommen. Dabei reichen die Strategien von schattigen Rückzugsorten über nächtliche Aktivität bis hin zu speziellen Anpassungen. 

Kot als Klimaanlage

Dungkugelkäfer (Sphaeridium bipustulatum) und Aphodius-Dungkäfer vergraben sich im Kot von Säugetieren und nutzen dessen kühlere und feuchtere Umgebung, um sich vor Überhitzung zu schützen. Sie legen darin auch ihre Eier ab, sodass die Larven ebenfalls von der feuchten Umgebung profitieren.

Tiefer im Boden sind die Temperaturen stabiler und kühler als an der Oberfläche. Dies macht sich der Stierkäfer zunutze, der seine Gänze bis zu 1,50 Meter tief gräbt und so sich und seine Eier und Larven perfekt vor extremer Hitze schützt, die an der Oberfläche tödlich sein könnte.

Aphodius distinctus

Kühlen Kopf bewahren

Libellen positionieren ihren Körper so, dass er der Sonne nur minimal ausgesetzt ist, um Überhitzung zu vermeiden. Diese Haltung wird als "Obeliskstellung" bezeichnet. Sie richten ihren Hinterleib direkt auf die Sonne aus, wodurch sie ihre Körperoberfläche minimieren.

Da Libellen meistens in der Nähe von Gewässern leben und sich oft darin aufhalten, können sie durch Eintauchen oder durch Berührung mit dem kühlen Wasser ihre Körpertemperatur senken.

Sympetrum sanguineum

Flügel als Sonnenschild

Männliche Hauhechel-Bläulinge (Polyommatus icarus) reflektieren die glühenden Sonnenstrahlen mithilfe der Flügeloberfläche ihrer Flügel einfach wieder zurück. So heizen sich die Flügel nicht so schnell auf.

Luftige Kinderstube

Die Weibchen der auf Sandböden und Trockrasen vorkommenden Springspinne der Art Streifen-Schneckenspringer (Pellenes nigrociliatus) legen ihre Eier bevorzugt in Schneckenhäusern ab.

Um ihren Nachwuchs vor kritischer Hitze am Boden zu schützen, ziehen sie das Schneckenhäuschen an einem Seidenband wenige Zentimeter hoch in die Luft. Bereits dicht über der Bodenoberfläche sind die Temperaturen deutlich niedriger.

Schnecken auf Höhenflug

Auch Schnecken klettern lieber hoch hinaus, um sich vor dem Austrocknen am heißen Boden zu schützen. Denn Trockenheit ist der größte Feind der Schnecke, die auf ihren Schleim zur Fortbewegung angewiesen ist.

Insbesondere Heideschnecken wie die östliche Heideschnecke (Xerolenta obvia) hängen im Sommer oft in Büschen und profitieren außerdem noch davon, dass ihre hellen Häuser das Sonnenlicht reflektieren.

Auf Stelzen durch die Glut

Die Oberfläche, über die sich Sandlaufläfer (Cicindela campestris) bewegen, ist sandiger Boden, der in der Sonne so heiß werden kann wie eine Herdplatte. Um nicht mit dem Bauch über diesen herdplattenheißen Sand zu schlurfen, haben sie eine beeindruckende Anpassung entwickelt: lange Stelzenbeinchen.

Diese langen Beine heben ihren Körper weit genug vom Boden ab, um die schlimmste Hitze zu vermeiden, während sie auf der Jagd nach Beute durch  Sandheiden und Trockenrasen flitzen. Der Abstand genügt, damit die Laufkäfer sich weder den Körper verbrennen noch überhitzen.

Tropfenfänger

Silbergras (Corynepheros canescens) kommt auf heißen Dünen sehr gut zurecht, weil seine borstigen Blätter eingerollt sind. Geschützt vor großer Austrocknung liegen die Atemporen (Stomata). Die Borstenblätter lassen Morgentau kondensieren und leiten die Wassertröpfchen zur Grasbüschelmitte.

Reflexionskünstler

Kissenmoos (Grimmia pulvinata) kann auf vollsonnigem Beton oder Mauern wachsen. Dort schützten die grauen Glashaare, die am Ende jedes kleinen Blättchens vorhanden sind und die Sonnenstrahlung relefktieren.

Zusätzlich kann an jedem feinen Glashäarchen in den kühleren Tagesphasen, nachts oder morgens, Feuchtigkeit aus der Luft kondensieren und das zierliche Moospflänzchen mit Wasser versorgen.

Energiesparmodus

Bei ausbleibenden Regenfällen, starker Sonneneinstrahlung und sehr hohen Temperaturen legen weibliche Feuersalamander oft eine Sommerruhe ein. Der Vorteil dieser herabgesetzten Aktivität als Anpassung an heiße oder trockene Umweltbedingungen ist der niedrige Stoffwechsel und Energieverbrauch.

Schlammpackung

Wildschweine und Rothirsche suhlen sich in mit Wasser gefüllten Gruben und kühlen sich so ab. Der anschließend an Fell und Borsen haftende Schlamm wehrt nicht nur lästige Insekten ab, sondern schützt überdies auch noch die Haut vor Austrocknung.

Siesta

Schmetterlinge entgehen der heißen Mittagshitze, indem sie in den kühleren Morgenstunden und am späten Nachmittag umherflattern. Ähnliches gilt für Heuschrecken, Raupen, Schnecken, Mücken und andere Tiere, die hauptsächlich in der Dämmerung aktiv sind und sich tagsüber an kühleren Orten ausruhen.

Lauchschrecke

Natürliche Klimaanlage

Fuchs und Wolf hecheln wie Hunde: Indem sie schnell ein- und ausatmen und ihre Zunge dabei heraushängen lassen, verdampft der Speichel über die Zunge und die verdunstende Feuchtigkeit kühlt das Blut und damit den Körper ab. Auch Vögel kühlen sich mit geöffneten Schnäbeln herunter.

Griseo heron

Damit die Natur diese Schutzmechanismen effektiv umsetzen kann, sind intakte, natürliche Lebensräume wichtig, die Schatten spenden, kühle Rückzugsorte bieten und Zugang zu Wasser ermöglichen. Wir setzen uns für den Schutz dieser unberührten Landschaften ein.

Über den Autor

Caroline Hübenbecker
Caroline Hübenbecker ist bei der Heinz Sielmann Stiftung Referentin für Web- & Community-Management.

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