Bunte Flügel und krabbelnde Käfer
Faszinierende Insektenvielfalt in der Döberitzer Heide
von Dr. Hannes Petrischak
Bunte Flügel und krabbelnde Käfer
Faszinierende Insektenvielfalt in der Döberitzer Heide
von Dr. Hannes Petrischak
Die Döberitzer Heide wird in ihren verschiedenen Lebensräumen wie Dünen, Sandtrockenrasen, Eichenwäldern, blütenreichen Wiesen und Weiden sowie Kleingewässern von einer atemberaubenden Insektenvielfalt bevölkert: Über 1.200 Schmetterlingsarten und über 1.740 Käferarten leben hier.
Wo Abfall zum Lebenselixier wird
Allein im Dung von Wisent, Przewalski-Pferd und Galloway-Rind in der Döberitzer Heide finden sich Dungfliegen und 35 verschiedene Mist- und Dungkäfer. Sie sammeln, rollen und graben, um den wertvollen, medikamentenfreien Rohstoff als Nahrung für ihre Nachkommen zu sichern.
Tête-à-Tête auf dem Mist
Gelbe Dungfliegen (Scathophaga stercoraria) treffen sich zur Paarung treffen auf frischem, noch warmem Dung, in den sie ihre Eier legen. Daraus entwickeln sich Larven, die sich von anderen im Dung befindlichen Insektenlarven ernähren.
Achtung geboten!
Allerdings müssen die kleinen Krabbler stets achtgeben, dass sie nicht zur Beute räuberischer Großinsekten wie der Hornissenraubfliege (Asilus crabroniformis) oder des Behaarten Kurzflüglers (Emus hirtus) werden, denn diese gefährdeten Arten haben genau hier ihre Jagdreviere.
Dort, wo Rinder und Pferde durch Fressen, Wälzen oder das Stampfen ihrer Hufe den Boden bearbeiten und die Vegetation kurz und vielfältig halten, entstehen Strukturen, die vielen anderen Insekten, die warme und offene Lebensräume bevorzugen, Lebensraum bieten.
Kreiselwespe
Die Begegnung mit der 2,5 Zentimeter großen, schwarz-gelben Kreiselwespe (Bembix rostrata) zum Beispiel ist unvergesslich:
Sie landet mit lautem Brummton auf lockerem Sand und schiebt rasend schnell mit den Vorderbeinen Körner unter sich nach hinten weg. Gleichzeitig hält sie eine erbeutete Fliege unter dem Bauch fest.
Wildbienen-Vielfalt
Die sandigen, blütenreichen Flächen beherbergen auch eine große Zahl von Wildbienenarten. Die Dünen-Pelzbiene (Anthrophora bimaculata) etwa steuert mit durchdringendem, hohem Summen im Juni und Juli die Blüten von Gewöhnlichem Natternkopf, Berg-Sandglöckchen und Rispen-Flockenblume an.
Viele weitere im Sand nistende Arten wie Heidekraut-Seidenbiene (Colletes succinctus), Braunbürstige Hosenbiene (Dasypoda hirtipes) oder Sand-Blattschneiderbiene (Megachile maritima) lassen sich in der Döberitzer Heide zahlreich beobachten.
Symphonie der Heuschrecken
Die Sandheiden und Sandrasen sind ein Eldorado für Heuschrecken. Ende April setzt das Lied der Feldgrille in der Döberitzer Heide ein. Ab Juli springt die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) vor den Füßen der Spaziergänger auf.
Sie sitzt gerne auf sandigen oder geschotterten Wegen und ist trotz ihrer guten Tarnung aufgrund ihrer blauen Flügelfarbe gut zu erkennen, wenn sie loshüpft.
Die bunte Welt der Schmetterlinge
Über das Offenland flattern attraktive Schmetterlinge wie Violetter und Dukaten-Feuerfalter, Ginster- und Argus-Bläuling, Reseda-Weißling, Rostbinde, Kleines Ochsenauge, Komma-Dickkopffalter, Weißfleck-Widderchen, Gestreifter Grasbär, Ampfer-Purpurspanner und Heide-Grünwidderchen.
Für die lichten Waldbereiche sind Trauermantel (Nymphalis antiopa), Großer Fuchs (Nymphalis polychloros), Großer und Kleiner Schillerfalter (Apatura iris/ilia), Kleiner Eisvogel (Limenitis camilla) und Wachtelweizen-Scheckenfalter (Melitaea athalia) charakteristisch.
Das wohl größte Tagfalter-Highlight der Döberitzer Heide ist der Eisenfarbige Samtfalter (Hipparchia statilinus), der offene Sandflächen braucht. Er gilt in Deutschland als vom Aussterben bedroht, weil seine Lebensräume sogar in Schutzgebieten durch hohe Nährstoffeinträge und Zuwachsen verschwinden.
Auf Niedermoorböden liegt mit dem Ferbitzer Bruch außerdem eines der wertvollsten Feuchtgebiete Brandenburgs. Über den Feuchtwiesen gaukeln hier Großer Feuerfalter, Prächtiger und Rotklee-Bläuling, Mädesüß-Perlmuttfalter und Baldrian-Scheckenfalter.
In der Döberitzer Heide lebt also noch der so oft zitierte Traum bunter Schmetterlings-Wiesen, der andernorts längst der Vergangenheit angehört.
Über den Autor
Dr. Hannes Petrischak
Dr. Hannes Petrischak ist Leiter des Geschäftsbereichs Naturschutz und bekannt für seine Fachexpertise Insekten im Speziellen.
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