Im Garten ist es niemals still
Wie Pflanzen mit Insekten kommunizieren
von Bärbel Oftring
Im Garten ist es niemals still
Wie Pflanzen mit Insekten kommunizieren
von Bärbel Oftring
Feinfühlige Flora
Pflanzen sind lange Zeit verkannt worden. Sie sind Lebewesen mit feinen Sinnen: Sie nehmen nicht nur sehr differenziert ihre Umwelt und das Treiben darin wahr, sondern tauschen sich darüber sogar intensiv miteinander - und auch mit Insekten - aus.
Pure Chemie
Pflanzen nehmen Licht, Gerüche, Schall und Geschmacksstoffe wahr. Und all das, obwohl sie weder Augen oder Nasen, noch Ohren oder Zungen haben.
Die Sprache der Pflanzen besteht nicht aus akustischen Lauten, sondern aus chemischen Molekülen, die sie unter- und oberirdisch über ihre Wurzeln, Blätter, Blüten und Früchte empfangen und aussenden.
Ohne Bestäubung keine Samen und Früchte!
Pflanzen sind zum eigenen Arterhalt seit 100 Millionen Jahren auf bestäubende Insekten angewiesen. Die ersten Bestäuber waren Käfer und Fliegen, die noch heute die wichtigsten Bestäuber flacher Blüten mit offen angebotenem Nektar und Pollen sind.
Als dann Schmetterlinge und später Bienen auf der Bühne erschienen, haben sich Blüten und Insekten durch feine Kommunikation perfekt in Form und Timing aneinander angepasst.
Blümchensex
Die Garten-Wollbiene sammelt Pollen und Nektar vor allem auf Hornklee, Kronwicke, Hauhechel und Luzerne sowie auf verschiedenen Lippenblütlern. Wenn die Blüten das Summen der sich nähernden Wildbiene wahrnehmen, erhöhen sie den Zuckergehalt ihres Nektars – so locken sie sie gezielt an.
Sensibel für elektrische Ladung
Blüten haben erstaunliche Fähigkeiten: Sie registrieren elektrostatische Ladung. Viele Pollen tragen solche Ladungen. Nähert sich der Pflanze solch geladener Pollen auf dem Körper der Wildbiene, so öffnen sich in Sekundenschnelle die Blüten – die Tür geht einladend auf für fleißige Bienchen.
Achtung, Achtung!
Saugen oder knabbern Blattläuse, Käfer oder Raupen an Blättern, Trieben und Zweigen, so ist Alarmstufe Rot angesagt. Anhand des Speichels erkennen sie genau, wer da an ihnen knabbert – ob Raupe, Käfer, Reh oder Gartenschere und sie nehmen das Gefressenwerden nämlich nicht so einfach hin.
Wird eine Pflanze von einem unwillkommenen Kostgänger heimgesucht, stößt sie sofort einen chemischen Hilfeschrei aus - in Form eines heftigen Schwalls an Warnstoffen, der durch die Luft in alle Richtungen katapultiert wird. Dieser Alarm duftet etwa nach Menthol, Harz oder Limonen.
Seid gewarnt!
Der Geruch warnt umstehende Pflanzen vor der Attacke, sodass diese ihre innere Abwehr mit scheußlich schmeckenden Gerbsäften oder Senfölen hochfahren können - und er lockt Raubwanzen, Schlupfwespen und andere Feinde der angreifenden Tiere an, die sich über die Beute hermachen.
Arbeitserleichterung dank Ampelsystem
Einige Blütenpflanzen erleichtern Bienen auf Nektarsuche dabei, bestäubte Blüten ohne Pollen und Nektar von unbestäubten, noch nektar- und pollenhaltigen Blüten zu unterscheiden.
Bunte Flecken auf den Rosskastanienblüten ändern ihre Farbe von Gelb zu Rot, wenn sie bereits bestäubt ist. Da Bienen kein Rot sehen können, bedeutet bienenanlockendes Gelb „Blüte ist unbestäubt“. Die bestäubte, rote Blüte fällt den rotblinden Bienen überhaupt nicht auf.
Gärten sind grüne Oasen im Alltagsgrau!
Insekten und Pflanzen haben sich seit Millionen Jahren perfekt aufeinander abgestimmt. Mit einem naturnahen Garten unterstützen Sie diese Symbiose.
Über den Autor
Bärbel Oftring
Bärbel Oftring studierte Diplom-Biologie und ist Autorin zahlreicher Garten- und Naturratgeber.
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